Eigene Texte

So nehme ich den hier etwas schlammigen und rutschigen Weg, geführt durch niedriges Latschengehölz wieder unter meine nackten Füße und erfreue mich an dem Gefühl, jetzt ganz einzutauchen in die Erde, mich durch die unsichere Schicht hin-durchsinken zu lassen und letztendlich wieder ganz festen und vertrauten Boden unter meinen Füßen zu haben.

Der Schlamm der Unsicherheit drückt sich durch meine Zehenzwischenräume, ich bin gezwungen mich zu öffnen, mich zu weiten, wie die Wurzeln eines Baumes greifen meine Zehen in die aufgeweichte Erdkruste. Sicher und geborgen tänzle ich auf dem schmalen Pfad steil bergab.

 

Ein Hund kommt mir entgegen, wir begrüßen uns mit einem freundlichen Blick, wir scheinen in der gleichen Freude und Wonne gefangen zu sein, seine Beine sind schwarz verschmiert vom Schlamm, trotz allem tänzelt er fröhlich bergauf, wie ich bergab.

Ich höre die Stimmen, die aufgeregt nach ihm rufen, er dafür kein Ohr zu haben scheint, ist zu verbunden mit seinem Weg.

Jetzt kommen seine Besitzer um die Ecke, mit mürrischen Gesichtern, ihre Bergschuhe mit dicken Sohlen, verkrustet von der Erde, ihre langen Hosenbeine verschmiert bis auf die Höhe der Knie, den Namen des Hundes rufend und vor sich hin-schimpfend über die Gefährlichkeit des Weges, vor welcher sie nicht gewarnt wurden und das Ekelgefühl, nicht zu wissen, ob man nicht unverhofft mitten im Schlamm sitzt.

 

Sie nehmen mich erst wahr, als ich unmittelbar vor ihnen auf dem Weg stehen bleibe und freundlich nicke, "Grüß Gott".

Mit weit aufgerissenen Augen begutachten sie mich, angefangen bei meinem Hut, bis hinunter zu meinen nackten Beinen,

welche schlammverschmiert sind, wie ihre Hosen, und weiter zu meinen nackten Füßen.

Tausend Fragezeichen sehe ich in ihren gestressten und schweißnassen Gesichtern, wir gehen aneinander vorbei und ich hüpfe singend weiter meinen Weg hinab, erkenne den Reichtum in mir und um mich herum, werde angefüllt mit Dank-barkeit, erkenne mein Wachstum, ist es doch gar nicht so lange her, dass ich auch wie diese Wanderer auf dem Weg war, in dem Glauben, die ganze Welt ist gegen mich.

                                                                                                                                                                                                                Autorin: Ingrid Hartmann

                                                                                                                                                                                                                                                                         (aus: "Eine Liebeserklärung")